25. Juli.
Heute stand die Zollabfertigung unserer Motorräder auf dem Programm. Unser Guide Askar holte uns vom Hotel ab, wenige Minuten später waren wir bei den Motorrädern und fuhren wieder auf den Platz, wo wir gestern bei der Immigration schon geparkt hatten. Wir standen keine Minute, dirigierte er uns auf einen anderen Platz, das passte auch nicht, und kurz darauf hatten wir uns 100 Meter weiter bei einer Brückenwaage einzufinden. Unsere Motorräder wurden tatsächlich gewogen!
Eines nach dem anderen, dann warten.
Es tat sich lange nichts.
Irgendwann wurde uns erlaubt, hinter dem Zollgebäude zu parken. Aber mit so einfach die 50 Meter hinfahren war nicht, schön brav vor einem Schranken anstellen und warten bis dieser den Weg freigab. Wieder einer nach dem anderen.
Zwei Stunden waren vergangen. Wir versuchten zu erfahren wie schwer denn die Maschinen seien. Askar bemühte sich redlich das heraus zu finden, es dürfte aber ein Staatsgeheimnis sein, das nicht preisgegeben wurde.
Schließlich bot Askar an uns zurück ins Hotel zu fahren. Er müsse auf den Zollchef warten, der bei einem Meeting sei. Von dem würde er die notwendigen Dokumente erhalten.
Wir haben fast nicht mehr daran geglaubt, aber nachdem unser Guide nach sechs Stunden Wartezeit um 1930 Uhr bei uns im Hotel eintraf, hatte er ein zufriedenes Lächeln im Gesicht. Am Zoll war alles erledigt, er hatte alle Papiere, morgen um 9 Uhr fahren wir ab nach Kashgar! Aber jetzt noch schnell raus zum Zoll und unsere Motorräder hierher zum Hotel bringen.
Unsere eigene Leistung an dem Tag war überschaubar: mit den Motorrädern ungefähr zwei Kilometer gefahren und sechs mal umgeparkt. Der Rest war warten.
26. Juli; Tashkurgan-Kashgar
Auf der breiten vierspurigen Straße verließen wir die Stadt. Sehr wenig Verkehr, da sollten wir doch etwas schneller … Nein, fast auf der gesamten Strecke waren nur 60km/h erlaubt, die Askar, der voraus fuhr, auch penibelst einhielt. Um uns, sich und die Firma nicht in irgendwelche Schwierigkeiten zu bringen. Die gesamte Strecke war wieder dicht mit Videokameras bestückt, die erstens die Geschwindigkeit maßen, und zweitens jedes Fahrzeug fotografierten.
So sieht ein Überwachungsstaat aus!
Meine Fotohalts konnte ich aber ungestört machen, wir hatten heute überhaupt keinen Zeitdruck.
Nach wenigen Kilometern die erste Kontrollstelle. Wir mussten auf Askar warten, der unsere Papiere vorweisen musste. Von uns wollte man diesmal erstaunlicherweise gar nichts.
Es dauerte eine Weile bis Askar zu uns kam und berichtete, er müsse wieder in die Stadt zum Zoll zurück, weil ein Stempel auf einem der Zettel nicht richtig sei!
Diese Weile sollte dann mehr als eine Stunde dauern, wir fuhren einstweilen ein Stück bis zu einem Aussichtspunkt vor.
Im Hintergrund noch in Wolken der erste Blick auf das Mustagh Ata Massiv, …
… das wir an seiner gesamten Westseite passierten und das noch zum Pamir Gebirge gehört.
Die Landschaft war eindrucksvoll, ein wenig Geduld brauchten Manfred und Askar mit mir schon. Da hier Stromleitungen grundsätzlich immer im Bild sind, musste ich manchmal weit weg von der Straße um zu fotografieren.
Der Kongur, mit 7719 m der höchste Gipfel im Pamir Gebirge.
Links der Kongur, rechts der Mustagh Ata.
2015 hatten wir den Pik Lenin im Hintergrund, heute den Mustagh Ata.
7546 m ist er hoch.
Der Karakul See im Vordergrund.
Der White Sand Lake oder Bulunkou Lake mit den faszinierenden weißen Dünen, die wie ein Gemälde wirken.
Kurz nach dem See führt die Straße nach rechts weg ein Tal hinunter. Noch einen Blick auf das Kongur Massiv, gleich danach und je tiefer wir kamen wurde die Sicht immer schlechter, viel Sand war in der Luft.
Da war es aus mit fotografieren, ich musste die Fotoausrüstung vor dem Staub schützen.
Später erfuhren wir, dass ein Sandsturm über der Wüste Taklamakan die Ursache war.
Und wieder das ungewöhnliche daran, dass solche Sandstürme im März, April normal sind, aber nicht jetzt Ende Juli. Wahrscheinlich wieder eine Auswirkung des Klimawandels.
Einige Kilometer nach dieser Stelle wieder eine Kontrollstelle. Die sind uns eh schon abgegangen! Der gesamte Verkehr in beide Richtungen wurde wie an einer Grenzstation kontrolliert. Für uns das Übliche: absteigen, in eines der Gebäude, Pässe vorweisen, Eintrag in ein Buch. Askar musste derweil irgendwo anders unsere Papiere herzeigen.
Die Fahrt ging dann unspektakulär weiter, wir schlichen mit 60 km/h dahin, wurden unzählige male von den Überwachungskameras fotografiert. Unspektakulär auch deshalb, weil die schlechte Sicht durch die staubige Luft uns gar nichts von der Landschaft mitbekommen ließ.
Wir waren schon lange in der Ebene und erreichten schließlich Kashgar. Irgendwo bei der Stadteinfahrt wieder eine Kontrollstelle. Was für uns interessant zu beobachten war, dass z.B. bei Bussen alle Passagiere aussteigen mussten, in das Gebäude, und dort das Gepäck, also Handtaschen und was halt so mitgenommen wurde, durch den Röntgenscanner musste. Die Menschen selbst mussten durch eine Schleuse, die sich erst nach einer automatischen Ausweiskontrolle öffnete.
Die Busse warteten einstweilen auf der anderen Seite auf die überprüften Passagiere.
Schön langsam wurde uns ein wenig unheimlich zumute. Das ist doch krank!
Also ich hab jetzt schon meine Lehren gezogen: chinesische Produkte zu kaufen ist sowieso nicht zu vermeiden, aber hinkünftig werde ich noch mehr drauf schauen, dass ich möglichst wenig aus diesem Überwachungsstaat kaufe. Diesen Wahnsinn möchte ich nicht unterstützen.
Askar geleitete uns zu einem sehr guten Hotel mit exklusivem Parkplatz.
Taher, der Chef der Agentur, erwartete uns schon, er hatte alles für die nächsten drei Tage arrangiert.
Beim gemeinsamen Abendessen wurden die nächsten Vorhaben besprochen,
die nächsten zwei Tage waren Sightseeing in Kashgar angesagt, bevor wir am 29. Juli nach Kirgistan ausreisen werden.
Jetzt waren wir am heiß ersehnten Ziel angelangt, dem Ende des Karakorum Highways, dieser berühmt berüchtigten Fernstraße.
800 km in Pakistan, und 420 km hier in China, also mehr als 1200 km.
Durch unglaublich beeindruckende Landschaft und politisch interessante Gegenden, bei großteils herrlichstem Wetter, an einem 8000er und einigen 7000er Bergriesen vorbei, bei Temperaturen von bis zu 45°C, und hinauf auf bis zu
4733 m am Khunjerab Pass.
Durch die westlichste Provinz eines Landes, das so mühsam, teuer und aufwändig mit dem eigenen Fahrzeug zu bereisen ist.
Das Projekt, das die letzten vier Jahre in unseren Köpfen herum gegeistert ist, ist fast geschafft.
Jetzt müssen wir „nur“ noch gut nach Hause kommen!
Auf alle Fälle stellte sich ein gutes Gefühl, tiefe Zufriedenheit und ein wenig Stolz bei uns ein!
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